Buchstäblich auf den letzten Drücker ist für Skilangläufer Andreas Katz der Traum von Olympia wahr geworden. Lest im Interview des Monats, wie aus seiner Sicht die Olympischen Spiele verliefen und was sein ganz persönlichen Highlights gewesen ist.
Larasch.de: Du hast deine ersten Olympischen Spiele 2018 erlebt. Wie war es für dich?
Andi Katz: Ein ganz besonderes und unbeschreibliches Gefühl. Für mich ging damit ein Kindheitstraum in Erfüllung. Angefangen von der Eröffnungsfeier bis hin zum Deutschen Haus – großartig. Die vielen Athleten der einzelnen Sportarten aus den verschiedensten Nationen erleben zu dürfen, war wahnsinnig schön und bereichernd. Da hat sich kein Topstar rausgenommen, alle Athleten schienen auf einer Ebene zu sein. Selbst ein Martin Fourcade hat im Kraftraum gewartet, bis das Ergometer wieder frei wurde. Ich glaube so eine Erfahrung macht man nur bei Olympia, weshalb ich mich riesig freue, dass ich es tatsächlich geschafft habe dabei zu sein, trotz meiner schweren Schulterverletzung vor 2 Jahren.
Nun vermisse ich schon fast ein wenig die Akkreditierung, die über 3 Wochen ständig um meinem Hals baumelte (lacht).
Im Dezember 2016 hatten wir dich während der Rehamaßnahme nach deiner schweren Schulterverletzung interviewt. Bereitet dir die Verletzung noch Probleme oder ist sie völlig auskuriert?
Nein, Probleme wäre zu viel gesagt. Ich kann gut trainieren und die Schulter belasten. Allerdings sind meine Kraftwerte recht schlecht, so dass ich vor allem beim Schieben deutlich Probleme habe. Auch die Feinkoordination muss noch besser werden. Beim Doppelstockschieben müssen wir aber auch innerhalb des Teams schauen, dass sich das noch etwas entwickelt, da sehe ich das größte Potenzial.
Kannst etwas näher auf die Bedingungen vor Ort in Pyeonchang eingehen?
Gern. Wir reisten 7 Tage vor dem ersten Wettkampf an, um uns entsprechend zu akklimatisieren. Die ersten Tage waren mit ca. minus 20 Grad sehr kalt und zum Teil war es extrem windig, was für mich eine deutliche Umstellung bedeutete. In den Gängen unserer Unterkunft (Hotelklotz) konnten wir uns nur mit Mütze und Jacke aufhalten, weil diese gerade erst fertiggestellt wurden. In unserem Apartment konnten wir die Küchenzeile nicht nutzen, was etwas schade war aber letztlich durch das tolle Essen in der Athletenmensa mehr als ausgeglichen wurde. Von der Unterkunft aus, war alles sehr kompakt und fußläufig zu erreichen. Die Wettkampfstrecken lagen ca. 10 Minuten entfernt und zum Deutschen Haus betrug der Weg etwa 15 Minuten.
Wie waren die Wettkampfstrecken aus deiner Sicht?
Die Strecken waren super hergerichtet. Jedoch bestand für das Wachsteam ein Riesenproblem im stark verschmutzten Schnee. Das war schon mehr ein Sand-Dreck-Schneegemisch. Dies lag daran, dass der Parcour auf einem Golfplatz angelegt war, auf dem zwar die Sandbunker abgedeckt wurden, es aber dennoch durch den starken Wind zu Aufwirbelungen kam. Insgesamt waren die Strecken sehr anspruchsvoll, vor allem der letzte Berg vorm Ziel war eine Herausforderung für uns Athleten.
Jetzt zuhause in Ruhpolding auf den Heimatstrecken fällt mir dieser Umstand sehr deutlich auf.
Es gab eine besondere Gelegenheit, als ihr den schwedischen König getroffen habt. Wie war das?
Ja, dass war doch recht amüsant und auch etwas skurril. Als wir waren auf dem Weg nach Cheoung ans Meer, machten wir einen kleinen Halt im anderen Teil des Olympischen Dorfes. Bei McDonalds in der Schlange vor uns entdeckten wir den schwedischen König, der sich ganz normal ein paar Burger bestellte, ohne Bodyguards oder anderem Sicherheitspersonal. So nutzten wir die Gelegenheit, fragten nach einem Foto und schon gab es wieder einer Anekdote mehr zu berichten.
Kommen wir zu den einzelnen Rennen von dir. Du bist direkt am ersten Tag im Skiathlon gestartet, der nicht ganz so lief, wie du dir das vorgestellt hast, oder?
Ja, absolut. Dass ich mit meinen 30 Jahren vor einem Rennen noch einmal so aufgeregt sein werde, hätte ich nicht erwartet. Zusätzlich hatte ich mit „Muskelvererkrampfungen “zu kämpfen, dies zog sich leider durch den Wettkampf hindurch, schließlich, musste ich aus dem Zielbereich rausgetragen werden, und noch Stunden nach dem Rennen konnte ich lediglich krabbeln. Einen Tag nach dem Rennen war an Treppenlaufen immer noch nicht zu denken. Hinzu kam eine extreme Unterkühlung, die ich zuvor auch noch nicht erlebt habe.
Hattest du dich im Vorfeld auf die Olympiade bezüglich der Zeitumstellung besonders vorbereitet?
Nach dem Weltcup in Seefeld verschob ich meinen Tagesrhythmus täglich um 30 Minuten nach vorn, um die 8 Stunden Zeitdifferenz auszugleichen oder zu simulieren, da die Rennen bereits 7 Uhr (MEZ) stattfanden. Zum Schluss bin ich schließlich um 4 Uhr morgens aufgestanden. Bereits um 6:30 Uhr startete das intensive Training.
Nach dem nicht perfekten Einstieg fand das 15 KM – Rennen statt. Hier zeigte dann die Formkurve schon deutlich nach oben.
Ja, mit dem Resultat bin ich zufrieden. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen nach Runde 1 mit dem Norweger Holund mitzulaufen. Allerdings konnte ich dies keinen einzigen Meter umsetzen, da einfach der Ski durch den enormen Dreck auf der Piste/Loipe/ Strecke enorm abbaute und ich somit keine Chance mehr hatte.. Das ging natürlich allen Athleten so. So war es am Ende ein Rennen, welches ich komplett allein bestreiten musste. Die Zeitabstände waren recht gering, da machte ich mir schon Hoffnung für die nächsten Rennen.
Das konntest du auch. Denn für die Staffel schien, wenn alles perfekt passte, eine kleine Sensation möglich zu sein. Habt ihr damit kalkuliert?
Na klar spekuliert man immer ein wenig in Richtung Medaillen, auch wenn wir aktuell unter realistischer Betrachtung da nicht unbedingt hingehören. Im Team lag der volle Fokus auf der Staffel und es war klar, dass zu Beginn mit Alexander Poltoranin (KAS) ein sehr hohes Tempo angeschlagen werden würde. Leider hatte ich am Ende von Runde 1 leicht den Anschluss an die sechs Staffeln davor verpasst. Ich versuchte alles um die Lücke zu schließen, doch letztlich schaffte ich es nicht. Die letzten 2 Kilometer ging ich dann komplett blau und kassierte einiges an Rückstand. Für mich natürlich extrem bitter, aber auch für das gesamte Team war das Gefühl echt enttäuschend. Doch wie schnell ein solcher Einbruch passieren kann sah man auch am Schweizer Jonas Baumann (platzierte sich schon mehrmals in den Top 10 des Weltcups), der als letzter und mit deutlichen Rückstand auf die anderen Teams übergeben musste.
Danach stand erst einmal eine etwas längere Ruhepause auf dem Programm und du konntest dich in Ruhe auf das abschließende 50 KM – Rennen vorbereiten. Was hast du in der Woche speziell unternommen?
Nichts Spezielles. Verschiedene Entscheidungen wie Eishockey oder Biathlon haben wir in der Athleten Lounge im deutschen Haus angesehen. Auch den Teamsprint habe ich im TV verfolgt. Es war einfach viel zu windig um sich Rennen an der Strecke anzusehen und sich zeitgleich optimal auf die Wettkämpfe vorzubereiten. Wir machten ein Krafttraining und nochmal einige Außerdauerstunden auf den Skiern. Außerdem verbrachten wir viel Zeit mit dem testen von Material und absolvierten einem Auftakt von 6 x 5 Minuten mit je 2 Minuten Pause als Vorbereitung auf den 50er.
Wie lief das Rennen aus deiner Sicht?
Zunächst bin ich überglücklich mit meinem 14. Platz. Hätte mir vor dem Rennen jemand gesagt, dass ich Alexey Poltoranin schlage, hätte ich es nicht geglaubt. Dabei lief das Rennen alles andere als perfekt. Zu Beginn hatte ich 2 Stürze, bei dem sogar ein Stock brach und ich dadurch lange um den Anschluss an die Gruppe vor mir kämpfen musste. Aber an diesem Tag lief es einfach gut für mich. Auch das Material funktionierte Bestens, so dass ich mich von Position zu Position nach vorn arbeiten konnte. Am Ende ist es einfach für alle extrem schweinehart. Auf den letzten 3 Kilometern nahm ich mir vor noch eine Person zu überholen. Das es am Ende Alexey sein wird, habe ich natürlich mitbekommen, doch die Probleme mit meinem Hüftbeuger haben zu diesem Zeitpunkt wenig Freude aufkommen lassen (lacht).
Zum Abschluss, was sind deine bleibenden Eindrücke von Olympia?
Der Zusammenhalt unter den Sportlern. Ob Eishockeyspieler, Biathleten, Skispringer oder Bobfahrer, alle ticken ähnlich, da fällt es nicht schwer ins Gespräch zu kommen. Es hat einfach riesig Spaß gemacht mit Athleten der verschiedenen Disziplinen so lang mehr oder weniger unter einem Dach zu sein. Da hat auch niemand Starallüren sondern genießt einfach das Sportfest und die gute Stimmung.
Was sagst du zum intensiven Asthmamittelkonsum zur Bronchienerweiterung der norwegischen Nationalmannschaft?
Ich habe es in der Presse gelesen und war natürlich auch sehr verwundert. Ich hoffe die norwegische Luft ist nicht so schlecht, denn im April plane ich ein zehntägiges Langlauflager in der Nähe von Lillehammer.
Nun sind die Olympischen Spiele schon seit fast 2 Wochen vorüber. Die erste Weltcupstation war bereits. Du konntest leider aufgrund einer sehr hartnäckigen Krankheit nicht dabei sein. Wie werden sich deine nächsten Wochen gestalten?
Ja richtig, nach Pyeonchang habe ich einen Virus mit nach Hause genommen. Mir ging es richtig schlecht und ich musste sogar einen Tag im Krankenhaus verbringen. Zusätzlich habe ich mir bei einem Sturz eine heftige Rippenprellung zugezogen. Anfang dieser Woche konnte ich wieder mit leichten Training beginnen. Wie es im Detail weiter geht, kann ich noch nicht genau sagen. Geplant war eigentlich die Skandinavientour komplett zu bestreiten.
Danach steht aber noch die Deutsche Meisterschaft und die Militär-Weltmeisterschaft an. Also es gibt noch ein paar schöne Wettkämpfe!
Ein für besonderes Highlight steht noch bevor. Die Deutschen Meisterschaften inkl. den Vereinsmeisterschaften, wofür du dich auch engagierst. Was sind die Hintergründe dazu?
Ja richtig. Wir als Spitzenathleten und damit Vorbilder müssen einfach an den Nachwuchs denken und dafür sorgen, dass in den nächsten Jahren genügend junge Menschen diese Faszination auch für sich entdecken. Wir wollen ganz konkret die Vereine ansprechen, dass sie die Gelegenheit nutzen bei der Deutschen Meisterschaft in Reit im Winkel vom 23.03 bis 25.03.2018 vor Ort zu sein. Hierbei ist die Idee sämtliche Menschen anzusprechen, deren Wettkampfkarriere auch schon etwas zurückliegt. Es soll ein zusammentreffen sein, wo Spaß, Austausch, Netzwerken existiert ohne dabei den Wettkampfgedanken komplett aus den Augen zu verlieren.
Sonntags gibt es eine Vereinsstaffel bestehend aus 3 Läufern. Gelaufen wird in der freien Technik über maximal 5KM.
Also liebe Vereine oder ehemalige oder begeisterte Skiläufer – fühlt euch angesprochen das letzte Märzwochenende mit gleichgesinnten in Reit im Winkel zu verbringen.
Fotos: Andi Katz