Pragmatismus sag ich nur – die alltäglichen ToDos raffiniert managen, um alles irgendwie unter einen Hut zu bekommen.
Natürlich können wir den eigenen Ansprüchen und die der anderen nicht immer gerecht werden. Manches ist einfach nicht machbar und wir müssen Prioritäten setzen. Man schiebt die alltäglichen Puzzleteile so aneinander, dass im Terminplaner keine unnötigen Luftlöcher entstehen. Zwangsläufig muss man die Dinge also pragmatisch koppeln.
Und da wären wir schon beim entscheidenden Stichwort: Koppel! Denn wenn man wie Josephine Betche (oder kurz Jophi) neben dem Leistungssport (Triathlon), der Uni und dem Nebenjob noch ein Pferd hat, das nicht gerade um die Ecke über die Koppel wieselt, bedarf es eine ordentliche Portion dieser pragmatischen Raffinesse.
Jophi genießt die Zeit mit ihrem Pferd, kann ihrem Islandwallach Lif aber nicht immer die Zeit und Aufmerksamkeit schenken, wie sie es gerne tun würde. Nicht nur, weil das Pferd diese Zuneigung und Zuwendung braucht, sondern auch Jophi diese Zeit abgeschieden vom Alltagsstress genießt. Aber wer bis zu 25 Stunden die Woche trainiert – da bleibt nicht viel Zeit.
Aber Sport macht ja bekanntlich erfinderisch!
„Triathlon erfordert einen hohen Trainingsaufwand und eine hohe Motivation. Dinge, bei denen ein Trainingspartner sehr hilft“!
Warum also nicht mit seinem Pferd laufen gehen?
„Lif hat vier Beine, ist kerngesund und laufen tut er auch gerne. Gleichzeitig ist er für mich der perfekte Trainingspartner! Er hat immer Zeit, ist meistens gut gelaunt, brabbelt mich nach einem anstrengenden Tag nicht voll und das Beste, er ist egal bei welchem Tempo mit dabei!“
Anfangs liefen die beiden noch eher kleinere Runden über knapp drei Kilometer. So konnten sie langsam ein Gefühl füreinander bekommen und das Pferd hatte die Chance, sich an Jophis Rhythmus anzupassen.
Inzwischen läuft er auf „Hop“ los und auf „Ho“ bremst er – was natürlich auch für das Reiten praktisch ist.
Sobald es auf der drei Kilometer Strecke gut lief, erhöhte Jophi von Woche zu Woche den Umfang. Inzwischen läuft er zuverlässig 10-16 km (im Schnitt von 5:05-5:10min/km) mit ihr und beide profitieren von diesen Einheiten:
…das Pferd läuft frei ohne Reiter und beide gewinnen an Kondition – es gilt: fitter Reiter = fittes Pferd
…das Führen des Pferdes verbessert sich, u.a. weil der Reiter eine neue Sicht auf die Bewegungen seines Pferdes bekommt
Unterm Strich ist es ein intensiver und effektiver Zeitgewinn für Reiter und Pferd.
Rein lauftechnisch muss man nur auf ein zwei Dinge achten:
„Um beim Laufen keine Fehlbelastung zu einer Seite zu entwickeln, ist es ratsam, nichts in der Hand zu halten, damit sich die Arme synchron bewegen können. Damit ich also beim Laufen in meiner Armbewegung nicht behindert werde, habe ich ein paar ganz einfache Anti- Slip Zügel um den Bauch, die nur an den nachfolgenden Zügel angeklippt sind, sodass, wenn sich Lif erschrickt, diese sofort aufschnappt.“
„Bevor ich loslaufe, habe ich aus Sicherheitsgründen natürlich Pferde-sichere Schuhe an und auch eine dicke Jacke. Diese lasse ich aber dann in der Sattelkammer zurück und tausche die Jacke gegen eine Laufjacke und die dicken Schuhe gegen leichte Laufschuhe.“
Vielleicht drehen zukünftig noch mehr Reiter-Jogger-Kombis ihre Runden. Vorteile gibt es ja genügend…
Aber zu guter Letzt noch einen weiteren: „So viele Autofahrer, die sogar ihr Fenster herunterkurbeln, um uns anzufeuern, finde ich ohne meinen Trainingspartner Lif nicht. Die Leute sind immer ganz begeistert und freuen sich über das ungewohnte Bild.“
Und sollte einem die Kraft völlig unerwartet verlassen … hilft das Pferd bestimmt gerne aus – schließlich hat es ja vier Beine und wir Läufer nur zwei!