Unser Olympiakalender ist aus dem Anliegen heraus entstanden, der „medialen Krise des Laufsports“ (Hendrik Pfeiffer) einen proaktiven und innovativen Ansatz zur Förderung der Laufszene und ihrer Athlet*innen engegenzustellen. Die Erlöse des Kalenders fließen unmittelbar in unsere Athletenförderung ein und ermöglichen es, unser bisheriges Engagement und die Medienpräsenz von Athlet*innen im Lauf- und Ausdauersport zu erhöhen.
Wir wollten von den „Betroffenen“, Deutschlands Top-Läufer*innen, direkt erfahren, wie sie die Problematik ihres Sports und ihrer persönliche Situation als Athlet*in einschätzen:
Dazu Geher und Olympiastarter Carl Dohmann:
Zu den weiteren Athletenstimmen von Aaron Bienenfeld, Hanna Klein, Deborah Schöneborn u.a.
Carl, stell Dich doch einfach kurz vor:
Ich bin der derzeit beste deutsche Geher über 50 Kilometer. Meine größten Erfolge waren Platz 7 bei der WM 2019 in Doha und Platz 5 bei der EM 2018 in Berlin. Mein Ziel ist eine Top-Acht-Platzierung bei den Olympischen Spielen und eine möglichst erfolgreiche Karriere bis 2024.
Wie finanzierst Du Dich aktuell, wer sind Deine Unterstützer und kannst du ein paar Rücklagen bilden oder gibst Du mehr aus, als Du durch den Sport „verdienst“? Würdest Du Deine Situation als prekär bezeichnen?
Im Moment finanziere ich mich über die Deutsche Sporthilfe und bekomme auf verschiedene Weise Unterstützung von meinem Verein und dem Deutschen Leichtathletik Verband. Neben dem Sport arbeite ich etwas als freier Journalist. Anders als in früheren Jahren ist meine Situation derzeit ganz gut und ich kann Rücklagen bilden. Als prekär würde ich sie deshalb nicht bezeichnen.
Im Podcast von „Auslaufen“ gibt es die Rubrik „ Was müsste verbessert werden in der Leichtathletik oder im Laufsport“. Wie ist Deine Meinung dazu, worin genau das aktuelle Problem liegt und wie kann dieses behoben werden?
Das Hauptproblem sehe ich darin, dass sich die Medien und damit automatisch auch die Wirtschaft auf den Fußball und wenige andere Sportarten stürzen und für den Rest nicht mehr viel übrig bleibt. Die Leichtathletik und speziell der Marathonlauf stehen ja vergleichsweise noch gut da, aber es reicht eben vorne und hinten nicht, um Spitzensport ausreichend zu finanzieren. Für uns Geher ist die privatwirtschaftliche und finanzielle Situation selbst bei Spitzenathleten seit Jahren miserabel.
Ohne Unterstützung durch den Staat und Stiftungen wie die Sporthilfe wäre die Leichtathletik tot. Die Förderung hat sich Dank des Engagements einiger Athleten, etwa im Rahmen von „Athleten Deutschland“, in jüngster Zeit endlich gebessert. Davon profitieren allerdings nur Athleten, die schon im Bundeskader sind. Um die Breite und damit langfristig auch eine gute Spitze im Leistungssport zu erhalten, ist, denke ich, ein Umdenken in der ganzen Gesellschaft nötig: Man muss weg von der ständigen Sucht nach Aufmerksamkeit und dem Hinterherlaufen von Trends, was, so zumindest mein Eindruck, viele Menschen inzwischen selbst nervt. Stattdessen sollte man sich fragen, was das Leben für jeden persönlich lebenswert macht und welchen Beitrag man bereit ist, dafür zu leisten.
Für uns Sportler heißt das, dass wir es schaffen müssen, klarzumachen, dass wir der Gesellschaft einen Mehrwert bieten können. Nicht wirtschaftlich, aber ganz sicher in kultureller und sozialer Hinsicht. Gerade wir als Läufer und Geher geben ein Beispiel dafür, wie man mit Zähigkeit, Kampfgeist und dem immer wieder neuen Aufstehen nach Rückschlägen die eigenen Schwächen überwinden kann. Ähnlich wie zum Beispiel Triathleten sind wir Inspiration für viele Menschen, denen es nicht so gut geht, wie sie mit Ausdauer ihre ganz persönlichen Siege erreichen können. Unser Sport leistet einen großen Beitrag zur sozialen und kulturellen Integration und verbindet Menschen, die sich ohne ihn noch nicht mal in die Augen schauen würden.
Grundsätzlich ist die Idee super. Letztendlich müssen Menschen und Organisationen überzeugt werden, dass sie aus Idealismus den Spitzensport unterstützen. Den Vorschlag von Marcel Fehr finde ich ganz gut, Breitensportler als Crowdfunder mit einzubeziehen und dafür Tipps und Trainingsunterstützung zu geben.
Was wären konkrete Maßnahmen? Ist es die Unterstützung in Social Media, mehr Livestreams von den Events, Attraktive Wettkampfformate oder Schaffung neuer Serien oder hast Du ganz andere Ideen?
Um den Lauf- und Gehsport näher an die Leute zu bringen, muss man die Wettkämpfe mehr zeigen. Deshalb sind so viele Livestreams wie möglich, in meinen Augen das beste Mittel. Am besten mit begleitenden Interviews und Hintergrundinformationen, wie larasch es ja bereits seit einigen Jahren umsetzt. Um die Wettkämpfe und den Sport insgesamt bekannter zu machen, ist die intensive Nutzung von Social Media mit innovativen Beiträgen und Formaten sicher ein gutes Mittel.
Danke Carl für Deine offene Meinung und dass Du unser Olympiakalender-Projekt unterstützt!
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