Maximilian Thorwirth, aktueller Deutscher Meister über 3000m, hat vor allem in der Cross- und Hallensaison 2019/2020 mit starken Leistungen auf nationaler Ebene überzeugt. Der Düsseldorfer hat auch bei der Anti-Corona Running League ordentlich Tempo gemacht und 5 der 6 Rennen gewonnen.
Wir haben ihn gefragt, wie er mit der Coronakrise umgeht, woher die deutliche Leistungssteigerung kommt und auf welche Ziele er gerade hinarbeitet:
Max, erst einmal finden wir es echt klasse, dass Du als Deutscher Meister bei unserer Anti-Corona Running League mitgemacht hast und dabei bist! Wie bist Du darauf aufmerksam geworden?
Ich war gerade verfrüht aus Kenia zurückgekommen und stand dann hier in Deutschland, wie viele andere Athlet/innen vor der Frage, was und wie ich jetzt weitermache. Meine Freundin hatte die ACRL bei Euch gesehen und fand es ein cooles Format. Gemeinsam mit ihrem Vater haben wir daraus eine Art Familienevent gemacht. So hatten wir alle ein gemeinsames Thema und Ziel am Wochenende.
Du hast bei einigen der Rennen mit Florian Neuschwander um den Sieg gekämpft. War das virtuelle Duell um die Platzierung in der Ergebnisliste und die Preise ein zusätzlicher Ansporn?
Die ersten ein, zwei Rennen habe ich einfach als sehr qualitative Trainingseinheiten absolviert. Aber natürlich habe ich auch auf die Ergebnisse von Flo geschaut. Bei der Meile war ich dann schon heiß und gewissermaßen im Wettkampfmodus. Da hilft so ein „Fernduell“ schon, auch bis zum Schluss die Pace richtig hoch zu halten.
Generell möchte ich aber vor allem für mich selbst wissen, wo ich im Training stehe und wie mein Leistungsniveau ist. Wenn ich mit meiner Leistung und der Trainingsergebnissen zufrieden bin, finde ich die Platzierung nicht so wichtig.
Apropos Leistungsniveau: Du hast diesen Winter in der Hallensaison mit Deinem ersten Deutschen Meistertitel und einer enormen Leistungssteigerung auf Dich aufmerksam gemacht. Damit hast Du in gewisser Weise auch den „Sprung“ in die vordere Reihe der nationalen Athleten geschafft.
Wie gehst Du jetzt als Profi mit der aktuellen Situation um?
Erstmal war es für mich persönlich wichtig, in der Hallensaison so gut performt zu haben. Das hat mich in meiner Entscheidung, momentan voll aufs Laufen zu setzen bestätigt, gibt Selbstvertrauen und ist natürlich auch ein positives Argument gegenüber Sponsoren.
Ich bin niemand, der lange mit einer Situation hadert, sondern versuche, das Beste aus den gegebenen Umständen zu machen. Ein Vorteil ist momentan sicher, dass ich bisher keine großen Einnahmen mit dem Laufen hatte und somit auch keine großen Ausfälle habe. Allerdings hat sich nach der sehr erfolgreichen Hallensaison schon die ein oder andere vielversprechende Zusammenarbeit mit Partnern angebahnt. Diese Gespräche liegen jetzt natürlich erst einmal auf Eis.
Aktuell sehe ich die Situation an sich als Chance, in Richtung Tokio oder EM 2021 zu arbeiten, vor allem über 5000m. Darauf liegt momentan auch der Trainingsfokus. Ich denke, hier habe ich noch einiges an Potenzial und kann mich mit einer guten Vorbereitung jetzt in eine Form bringen, die mir in 2021 noch einmal neue Chancen für internationale Wettkämpfe bringt. Das ist ganz klar mein Ziel.
Du hast Dich, wie Du selbst sagst, spät entschlossen alles auf eine Karte zu setzen und Dich als Profi-Sportler zu etablieren. Nimm uns doch noch einmal auf den Entscheidungsprozess mit und was die Schlüsselmomente für Dich waren!
In der Jugend war ich mit vergleichsweise wenig Trainingsaufwand schon recht gut, habe mich bei Deutschen Meisterschaften oft unter den Top 5-8 platziert. Im letzten U20 Jahr konnte ich dann meine erste Medaille gewinnen und habe mich mit meinem Trainer entschieden, einen 3-Jahres-Plan mit Ziel U23-EM durchzuziehen.
Der Plan ist im letzten U23-Jahr (2017) voll aufgegangen, als ich Deutscher Meister über 5000m wurde und bei der U23-EM in Polen das erste Mal im Nationaltrikot über 1500m auf der Bahn stand. Die U23-EM war für mich definitiv ein Schlüsselmoment, der mir gezeigt hat, dass ich laufen kann und Potenzial habe. Und natürlich war dann der Gedanke und das Ziel auf einmal sehr präsent, mich auch über den Juniorenbereich hinaus in der deutschen Spitze zu etablieren
2018 habe ich mich für einen Ortswechsel nach Fürth entschieden. Ich wollte dort bewusst in der Trainingsgruppe neue Reize setzen und hatte bei PUMA die Möglichkeit, auch meine berufliche Karriere nach dem Studienabschluss an der DSHS weiter voranzubringen. Leider hat sich die Trainingsgruppe aber nicht so etabliert und entwickelt wie ich mir das erhofft hatte. Und ich musste auch feststellen, dass ich mich mit der Arbeit (auch wenn es nur 20h/Woche waren) leistungstechnisch nicht so weiterentwickeln konnte, wie ich es mir eigentlich vorgenommen hatte.
Diese Erfahrung war ein weiterer Schlüsselmoment und ich stand vor der Frage: Fokussiere ich meine berufliche Karriere oder gehe ich ins Risiko und setzte voll auf die Lauf-Karriere und Profi-Sport. Einen Traum, den ich schon als kleiner Junge hatte.
Nach langem Überlegen habe ich mich für den Sport entschieden – zumindest bis Ende 2020 wollte ich mir diese Chance geben und sehen, was dabei passiert.
Und da war Düsseldorf und die Trainingsgruppe des TV Wattenscheid für Dich die naheliegendste Lösung?!
Ja. Einmal aus finanziellen Gründen. Aktuell lebe ich wieder zu Hause, was natürlich günstig ist. Und der Kontakt zur Trainingsgruppe in Wattenscheid, vor allem zu Marius Probst bestand schon vorher und hier habe ich Trainingspartner und ein Trainingsumfeld, von dem ich extrem profitiere. Nebenher kann ich zudem mein Fernstudium weiterführen und arbeite beim Düsseldorf-Marathon auf geringfügiger Basis im Teilnehmer- und Social-Media-Management. Das ist eine ziemlich perfekte Kombination für Training und Alltag und die Ergebnisse der Hallensaison 2019/2020 haben mir bestätigt, dass sich meine Entscheidung definitiv in sportlichem Erfolg auszahlt.
Was sind aus Deiner Sicht die Hauptfaktoren, die eben genau diesen Erfolg und Deine Leistungssteigerung ausmachen?
Einen sehr großen Benefit habe ich auf jeden Fall durch ein intensiveres Training. 2019 war das erste Jahr, in dem ich kontinuierlich höhere Belastungs- und Trainingsumfänge trainiert habe und sehe dort immer noch großes Potenzial für die nächsten Jahre.
Ich kann mich im Alltag momentan voll aufs Laufen konzentrieren; mit allem, was dazu gehört: Regeneration, Physiotherapie – die vielen kleinen, aber wichtigen Stellschrauben.
Vom gemeinsamen Training mit den Läufern aus Wattenscheid (Hendrik Pfeiffer, Tom Gröschel, Marius Probst, Amanal Petros) profitiere ist natürlich auch sehr stark. Tono Kirschbaum ist ein Trainer, der mich als „Externen“ trotzdem stark unterstützt und fördert und ich lerne bei den gemeinsamen Trainingseinheiten natürlich immer mehr, wie und wo ich mein Training weiter professionalisieren kann.
Ein letzter Punkt, der auch unter Training und Trainingsbedingungen fällt, ist das Höhentraining. Ich war dieses Jahr – wenn auch leider kürzer als geplant – mit in Iten, Kenia. Kenia war nach Flagstaff erst mein drittes Höhentrainingslager. Ich merke, dass ich mich in der Höhe schon schwertue, aber von den Reizen dort sehr profitiere. Wenn ich das in den nächsten Jahren weiter fortführen kann, halte ich auch dadurch weitere Leistungssprünge für möglich.
Zum Abschluss: Was sind gerade jetzt in der Corona-Zeit Deine Prioritäten und wie schaust Du in die nächsten Monate?
Für mich gilt es jetzt, die Grundlage für ein hoffentlich wieder „normales“ Wettkampfjahr 2021 zu legen, in dem ich gern voll angreifen will. Das heißt das Training ist aktuell eher grundlagenlastig, beinhaltet aber auch qualitative Einheiten.
Im Studium habe ich noch eine Masterarbeit zu schreiben. Dieses Projekt würde ich gern in diesem Sommer angehen und abschließen, um dann auch in dieser Hinsicht für 2021 den Rücken frei zu haben.
Max, vielen Dank für Deine Offenheit. Wir wünschen Dir gute Trainingswochen, viel Erfolg beim baldigen Studienabschluss. Wir sind ja auch durch die ACRL in Kontakt und werden natürlich mit großem Interesse weiterverfolgen, wie es bei Dir läuft.
Hier geht es zum Interview mit Max direkt nach seinem ersten DM-Titel
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