Laufkalender ist Laufsport-Begeisterten im deutschsprachigen Raum eine bekannte Adresse, um ihr nächstes Laufevent zu finden und sich über Laufsport-Themen zu informieren. Andi Pfaff, Laufkalender-Gründer, hat 2006 mit dem Aufbau der Website wichtige Pioniersarbeit in Sachen Online-Suche von Laufevents geleistet. Nach knapp 15 Jahren schließt er das Kapitel Laufkalender für sich persönlich ab und übergibt sein Projekt an larasch.de.
Anlass für uns, mit Andi noch einmal gemeinsam auf die Meilensteine und Entwicklungen zurückzublicken:
Hallo Andi,
Lass uns mit einer kurzen Vorstellung Deinerseits beginnen, damit unsere Community den „Mann hinter Laufkalender“ kennen lernen kann:
Ich bin Andi Pfaff, 56 Jahre alt, und eher der Multisportler. Früher war ich nur auf dem Rennrad unterwegs. Im Winter bin ich als Ausgleich joggen gegangen. Vor 25 Jahren bin ich vom Bodensee nach Zürich gezogen. Über meinen neuen Arbeitskollegen, der damals Gründer und Präsident des größten Schweizer Triathlon-Vereins war, kam ich zum „Modernen Dreikampf“ und zu den Wettkämpfen, denn bis dahin war ich nur zum Spaß gelaufen. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich eher der ausdauernde Diesel bin, und habe mehrere Ironman’s und Ultraläufe gemacht, darunter die Mutter der Ultras: den Bieler 100er. Um meine Gelenke zu schonen, verzichte ich aber heute fast vollkommen aufs Laufen und fahre wieder sehr viel Rennrad und MTB.
Wie bist du auf die Idee zum Projekt Laufkalender gekommen und was war Dein Ziel?
In den 90er-Jahren bin ich die Marathons einfach planlos gelaufen. Schneller wurde ich dadurch nicht. Im Triathlon-Club habe ich dann erfahren, dass es sowas wie Trainingspläne gibt. In den Plänen stand jeweils, man müsste Vorbereitungsläufe absolvieren, z.B. drei Wochen vor dem Marathon einen Halbmarathon oder 6 Wochen vorher einen 10km-Lauf. Aber wie finde ich raus, wo es einen HM 3 Wochen vor dem Zürich-Marathon 2006 gibt?, habe ich mich gefragt. Stand damals: Gar nicht. Also hab ich eine Excel-Liste mit Veranstaltungsdaten gefüllt, eine Webseite gebaut, und die Inhalte der Excel-Liste dann auf der Webseite inkl. Suchfunktion publiziert. So konnte ich für jede Vorbereitungsphase die Wettkämpfe auswählen, die an einem bestimmten Datum bei mir in der Nähe stattfanden, und diese neue Möglichkeit hat sich sehr schnell rumgesprochen.
Wie sah zu diesem Zeitpunkt die „Spielwiese“ (online/offline) im Bereich Veranstaltungskalender Laufsport aus?
In der Schweiz gab es den sogenannten Laufguide – gedruckt in handlichem Format – herausgegeben durch den Leichtathletikverband zusammen mit einem Einzelhandelskonzern, der den Laufguide wiederum im Frühjahr schweizweit an allen Ladenkassen liegen hatte. Online gab es schlichtweg nichts, deshalb war auch die Domain laufkalender.ch noch frei. Datasport (damals der Mercedes unter den Zeitmessern) hatte zwar die Daten der Veranstaltungen, bei denen sie Zeitmesser war, auf einer Webseite publiziert, aber als Liste ohne jegliche Suchfunktion.
Die deutsche Webseite lauftreff.de von Helge Schroeter-Janssen war damals schon seit zehn Jahren auf dem Markt, immer noch im Design des vorigen Jahrtausends, aber mit sehr sehr vielen Daten. Aber auch dort gab es damals wie heute keine Suchfunktion und auch nur einen Bruchteil der Schweizer Laufveranstaltungen. In Österreich gab es ebenfalls nur eine Excel-Liste des ÖLV.
Wie hat sich Laufkalender24 im Verlauf verändert und was waren für Dich besondere Meilensteine?
Wir haben dreimal das Design geändert, und das war jedes Mal ein immenser Aufwand, da ich zwar Informatiker bin, mein Spezialgebiet aber eben nicht Design und Bau von Webseiten ist. Die Webseite wurde um den Datenbestand herum gebaut, das schränkt die Gestaltungsmöglichkeiten stark ein. Die Technik z.B. hinter der Anmeldeseite für Veranstaltungen ist so komplex, die ist seit 2006 fast unverändert. Dort wurden lediglich viele Erweiterungen vorgenommen, ohne den Mechanismus an sich jedoch neu zu programmieren.
Meilensteine waren unsere eigenen Trainingspläne, die man direkt für eine gewählte Veranstaltung aufrufen konnte. Damit standen alle Daten fest und man konnte aus dem Plan heraus mit einem einzigen Mausklick direkt die zeitlich passenden Vorbereitungsläufe suchen. Im weiteren Verlauf kam das Newsportal dazu, danach die Streckenpläne, die die Veranstalter selber zeichnen und in ihre eigene Homepage einbinden konnten. Der Clou war aber die Möglichkeit, sich als registrierter Benutzer bestimmte Veranstaltungen auszuwählen und für diese dann automatisch das Veranstaltungsdatum der nächsten Jahre per Email zukommen zu lassen. Ein völlig neuer und technisch anspruchsvoller Automatismus.
Um ein Gefühl für die Arbeit hinter den Kulissen zu bekommen: Wie viel Zeit und Manpower haben Du in die Pflege des Laufkalenders (z.B. pro Monat) gesteckt und welche Form der Unterstützung hattest Du?
Ich habe den Laufkalender alleine betrieben und gepflegt. Meine Frau machte Übersetzungen aus oder ins Französische, Englische und Italienische, die Datenpflege und Programmierung oblag mir. Während der Hochsaison, also im Herbst und im Frühjahr, arbeitete ich pro Woche mindestens zehn Stunden für den Laufkalender. Im Herbst, wenn die neuen Daten für das kommende Jahr feststanden, saß ich schon mal zwei oder drei komplette Wochenenden am PC und durchsuchte die Veranstalterseiten nach neuen Daten oder korrigiere E-Mail-Adressen, wenn Anfragen per Mail zurückkamen.
Gab es ein Ereignis, das Dir im Rückblick besonders in Erinnerung bleiben wird (positiv/negativ)?
Solche Momente gab es immer wieder: Zum Beispiel wenn ich mich nach einigen Emails mit einem Veranstalter zu einem Lauf irgendwo eingeladen wurde und eine Bratwurst und ein Bier als Dankeschön erhalten habe. Einladungen gab es von Nizza bis Usedom; und neben Wurst und Bier wäre mir auch einmal das Hotel bezahlt worden. Aber die Arbeit für den Laufkalender war auch sehr zeitintensiv: Nach einem verlängerten Wochenende ohne Notebook und Internet kam es durchaus vor, dass sich am Sonntagabend gut 1000 E-Mails im Posteingang „stapelten“, die sich bis montagabends auch mal auf 2000 erhöhten. Da hieß es Zähne zusammenbeissen. Das hat aber trotzdem immer geklappt, da viele Abläufe bis ins Detail optimiert waren und dadurch viele E-Mails innerhalb weniger Sekunden erledigt werden konnten.
Wenn Du die Jahre Revue passieren lässt, was hat im Hinblick auf die Ansprüche der Nutzer und im Markt insgesamt verändert?
Früher haben wir am 1. April immer eine Scherz-News publiziert. 2013 haben wir von den Landesmeisterschaften im Smartphone-Marathon berichtet „100 Smartephones für die Sieger zu gewinnen“, weil uns auffiel, dass immer mehr vor allem jüngere Leute ihr Handy am Oberarm trugen. Das hat uns damals ziemlich gewundert. Heute geht kaum jemand ohne Handy auf die Laufstrecke, aber wir wundern uns immer noch.
Was auch aufgefallen ist, war der Trend hin zu Trail-Läufen. Dutzende alteingesessene Veranstalter haben ihren „Panorama-Lauf“ in „xxx-Trail“ umbenannt, um den Trend nicht zu verpassen. Auch das Aufkommen neuer Zeitmesser war erstaunlich. Heute erwartet man man mehr als eine Endzeit, einen Rang und eine Urkunde. Die Leute wollen, dass ihre Begleiter und Freunde live auf dem Handy beobachten können, wo sie gerade laufen. Diese Funktion hat z.B. Datasport aktuell nicht, dafür bieten sie aber 100% zuverlässige Ergebnisse, und keine bösen Überraschungen wie beim Debakel auf dem Marathon in Leipzig 2014 oder in Bregenz 2013.
Was wird Dir in Zukunft fehlen?
Nichts. Ich habe 15 Jahre in etwas Sinnvolles investiert, aber nun ist es Zeit, nach vorne zu schauen. Seit dem 1. November, als ich das bekannt gemacht habe, fühle ich mich wie von einer riesigen Last befreit. Ich komme von der Arbeit nach Hause und schalte nicht mehr direkt den PC ein, sondern nehme meine Zeitung DIE ZEIT, lümmel mich in den Sessel und lese sie in aller Ruhe. Und wenn mir langweilig wird, dann fällt mir schon etwas Neues ein, mit dem ich meine Freizeit füllen kann. Und wenn ich nicht, dann kann ich mich mit meinen zwei Enkeln beschäftigen, die werden demnächst lernen, wie man Fahrrad fährt.
Was hast Du als nächstes vor? Gibt es schon eine neue Idee, die in den Startlöchern steht?
Sobald es wärmer wird, findet man mich wieder mit dem Rennrad oder Mountainbike auf irgendeinem Pass in den Alpen. Meine neueste Webseite ist eine Datenbank mit allen Alpenpässen, und ich hab noch lange nicht alle gefahren…
Du wirst ja sicher auch weiterhin die Entwicklung von larasch.de verfolgen und freundschaftlich unterstützen. Was wünschst du dem Projekt insgesamt?
Ich hoffe, dass larasch mit seinen Ressourcen das Projekt fortführen und um sinnvolle Funktionen ergänzen kann. Die Nachfrage nach einer guten Suchmaschine für Lauf-Veranstaltungen ist für Veranstalter und Sportler riesig, das war aus den Emails, die ich nach meiner Ankündigung erhalten habe, deutlich zu erkennen.
Andi, vielen Dank für die Einblicke in Deinen jetzt endenden „Laufkalender-Alltag“. Wir wünschen Dir eine gute Zeit – auf dem Rad oder mit Zeitung in der Hand – und werden die Idee des Laufkalender-Projekts mit Energie und Leidenschaft weiterführen!