Noch immer fällt es mir sehr schwer, meine Erlebnisse vom letzten Sonntag in Worte zu fassen, aber ich will es mal versuchen…
Nach meinem langen Trainingsausfall im März, bedingt durch das Peifferische Drüsenfieber, bin ich ohne Druck und ohne gewisse Vorstellungen in meine Marathonvorbereitung gestartet.
Mein großes Ziel ist der Köln-Marathon im Oktober, wo ich die 2h 17 min-Marke knacken möchte. Auf dieses Ziel arbeitete ich nun schon seit acht Wochen hin und versuchte, durch strukturiertes Training meinen Leistungszustand immer weiter zu steigern. Ich muss sagen, dass die Trainingswochen sehr gut verliefen und die Formkurve stetig nach oben zeigte, bis ich am Ende echt das Gefühl hatte, dass ich in Hamburg den Halbmarathon als erstes Etappenziel angreifen könnte.
Dieser Weg war dennoch lang und hart für mich: Ein bis zweimal musste ich jede Woche zur Blutabnahme, um sicherzustellen, dass meine Krankheit nicht wieder zurück kommt (und das sieben Wochen lang). Es gab Rückschläge und so bin ich jede Woche mit einem echt unwohlen Gefühl zur Sportmedizin gegangen. Ich trainierte trotzdem einfach weiter, ganz nach dem Motto „all or nothing“.
Gerade in dieser Zeit veröffentlichte ein anderer deutscher Athlet einen echt sehr kritischen Beitrag, in dem er meine Kaderzugehörigkeit und mein Können anzweifelte. Dies hat mich sehr verletzt, da seine Ansichtsweise in meinen Augen komplett falsch ist und er über mich einfach zu wenig weiß, abgesehen von bloßen Zahlen und Zeiten. Dies hat mich dafür aber umso mehr motiviert, weiter hart zu arbeiten und alles zu geben. Ich wollte einfach zeigen, was ich laufen kann. Denn ich hatte das Gefühl, dass das nur Trainer wüsste. Und ich.
„Ich kann heute unter 65 min laufen“, war ich mir in Hamburg bewusst. Den Druck, der auf mir lastete, habe ich aber natürlich gespürt. Gar nicht so einfach mit einer Strecke, die durch zwei Wendepunkte, einer Menge Brücken und echt zwei ätzenden „Anstiegen“ so ihre Tücken parat hält. Hier so eine Zeit rauszuhauen? Ich war echt sehr nervös vor dem Start, aber hatte ein untrüglich gutes Gefühl in den Beinen.
Wichtig für mich war, gut in den Lauf hinein zu kommen und es einfach rollen zu lassen. Und das gelangt mir echt sehr gut: Ich kam schnell ins Laufen und die ersten 6 km konnte ich locker bei Philipp Baar mithalten. Ich drückte gleichzeitig aber auch immer mehr aufs Tempo, immer noch mit diesem guten Beingefühl.
Bis Kilometer 10 waren Philipp und ich noch zusammen, mit einer Durchgangszeit von 30:50 min. Danach hielt ich mich nicht mehr zurück und ich kann es nicht anders ausdrücken als mit: „Es lief einfach.“
Ich glaube all den Frust, die Enttäuschung und meine Traurigkeit aus den vergangenen drei Monaten lief ich die letzten 11 km heraus. Im Nachhinein bin ich fast schon etwas schockiert über mich, was für einen Ehrgeiz und Biss ich in der zweiten Hälfte des Rennens hatte. Ich war zwar auf mich allein gestellt, aber ich lief einfach. Und im Nachgang muss ich feststellen, dass es mir echt nicht schwer gefallen ist im 3:00er-Schnitt zu laufen. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt des Rennens Probleme und gerade diese Erkenntnis stimmt mich unheimlich positiv.
Über die Zeit und Platzierung bin ich natürlich auch sehr glücklich, aber am meisten freue ich mich über die „Lockerheit“ des Laufes und die Erkenntnis wieder „back“ zu sein.
Nun geht es mit positiver Energie in die Marathonvorbereitung!