Triathletin Rebecca Robisch, die seit jeher als starke Läuferin gilt, wurde ebenso wenig wie ihre Kolleginnen aus dem deutschen Team Hanna Philippin, Laura Lindemann oder Anja Knapp für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro nominiert. Somit wird Anne Haug als einzige Triathletin die deutschen Farben am Zuckerhut vertreten. Im Zuge der Nominierung hatte Robisch mit einer erfolgreichen Klage für Aufsehen gesorgt. Kurz vor ihrem Start beim Triathlon-Weltcuprennen in Hamburg hat Larasch sich mit ihr unterhalten.
Larasch: Hallo Rebecca, vielen lieben Dank, dass du dir Zeit für ein kleines Interview nimmst, trotz der nicht einfachen gegenwärtigen Umstände. Beginnen möchten wir mit dem nächsten Wettkampf an diesem Wochenende in Hamburg. Was für eine Bedeutung hat der Triathlon in Hamburg für dich? Siehst du den Wettkampf gerade jetzt, nach deiner Nicht-Nominierung für Olympia als Gelegenheit, um eine Trotzreaktion zu zeigen?
Rebecca: Ich würde es nicht als Trotzreaktion beschreiben. Ich habe auch keine Wut. Ich finde die Entscheidung des DOSB fair und gerecht. Dennoch ist es natürlich sehr schade und nicht gut für den Ruf des Triathlon- Sports in Deutschland. Im Grunde müssen die Athleten unter dieser Entscheidung leiden, die es verdient hätten bei Olympia zu starten, denn es wurden ja offiziell 3 Quotenplätze von den deutschen Frauen errungen! Doch trotz all dem Trubel möchte ich natürlich in Hamburg wie immer eine grandiose Show abliefern!
Larasch: Du hast gegen den Nominierungsvorschlag geklagt. Das ist nachvollziehbar, da sowohl du als auch Hanna Philippin im bisherigen Saisonverlauf am besten abgeschnitten habt – sogar besser als Anne Haug, die sich gemäß den offiziellen Nominierungskriterien der DTU mit einem 7. Platz bei der ITU World Tour in Rio de Janeiro qualifizierte. Wogegen habt ihr genau prozessiert? Kannst du die Gründe für den Nominierungsvorschlag seitens der DTU nachvollziehen?
Rebecca: Ich habe zusammen mit meinem Anwalt Dr. Michael Lehner Klage gegen den Nominierungsvorschlag der DTU erhoben. Nachdem ich die Klage gewonnen habe, hat die DTU mich und Hanna nachnominiert, also insgesamt dann 5 Athletinnen dem DOSB vorgeschlagen. Aus welchem Grund auch immer…
Larasch: Gab es innerhalb des Verbandes eine offene Kommunikation über die Bewegründe für die Vergabe der restlichen 2 Quotenplätze? Denn eigentlich waren am Stichtag (15. Mai 2016), du mit Platz 19 und Hanna mit Platz 28 der Weltrangliste, die mit Abstand beiden bestplatziertesten Deutschen Frauen in diesem Ranking und hättet es nach Meinung vieler am meisten verdient gehabt, nominiert zu werden.
Rebecca: Wegen meiner Nicht-Nominierung durch die DTU kann ich nur Vermutungen anstellen! Da ich auf meine Bitte, eine Stellungnahme der DTU zu erhalten, um eine plausible Erklärung des Nominierungsvorschlages abzuliefern, keine Antwort bekommen habe. Für mich erschien die Nominierung willkürlich zu sein, deshalb auch meine Klage. Ich habe auf mein Recht bestanden, diesen Nominierungsvorschlag zu hinterfragen. Mithilfe des Deutschen Sportschiedsgerichts habe ich im Eilverfahren die Klage gegen die DTU durchsetzen können. Ich bin froh, dass es für Athleten das Deutsche Sportschiedsgericht gibt, denn das ermöglicht es, auch wenn man ein kleiner, machtloser Athlet ist, sein Recht einzufordern.
Larasch: Offiziell hieß es von Seiten der DTU, dass sie die Auswahl so getroffen hätten, um Anne Haug bei den schwächeren Disziplinen Schwimmen und Radfahren zu unterstützen.
Rebecca: Die DTU nannte „verbandspolitische und teamtaktische Gründe“ für die Nominierung. Ich konnte nicht akzeptieren, dass ich nicht vorgeschlagen wurde, denn wie oben genannt, habe ich den ersten Quotenplatz gesichert und bin in allen ITU-Punkte-Listen und im Olympia-Ranking beste Deutsche. Und ich habe im Vorfeld an die DTU kommuniziert, dass ich auch für eine Teamtaktik bereit wäre. Da keine Athletin, außer Anne, ein offizielles Kriterium erfüllt hat, können die Quotenplätze nicht einfach ausgelost werden….und deswegen habe ich für Gerechtigkeit plädiert!
Larasch: Wie nimmst du die jetzige Entscheidung auf? Wie ist die Stimmung im Team? War dir das Risiko bewusst, dass am Ende nur Anne Haug nominiert werden könnte und die anderen 4 Quotenplätze verfallen?
Rebecca: Ich kann mit dieser Entscheidung sehr gut umgehen. Wie schon gesagt, es ist nur fair und gerecht. Wie die Stimmung bei den anderen Athleten ist, kann ich nicht sagen. Aber ich denke, es sind alle enttäuscht, nachdem alle damit gerechnet haben, dass trotz nicht erfüllten Nominierungskriterien, die Quotenplätze wahrgenommen werden. Fakt ist, dass dieser Ausgang nicht das Ziel meiner Klage war. Ganz im Gegenteil – ich wollte, dass alle Quotenplätze wahrgenommen werden, mit den Athleten, die es verdient haben. Und genau deshalb klage ich jetzt auch weiter. Ich klage nun mit Dr. Michael Lehner für alle Deutschen Triathleten gegen den DOSB! Ich will, dass der DOSB noch zwei Männer und zwei Frauen nachnominiert und nicht die hart erkämpften Plätze verschenkt.
Larasch: Lass uns thematisch etwas schwenken und mehr den rein sportlichen Aspekt betrachten. Die Grundlage für deine recht konstanten Weltcupplatzierungen ist das Laufen. Welche der anderen beiden Disziplinen liegen dir besser? Trainierst du eher nach dem Prinzip „Stärken ausbauen“ oder „Schwächen verringern“ oder kannst du das gar nicht so genau sagen?
Rebecca: Ich trainiere seit 5 Jahren gezielt am Schwimmen, denn es war früher einmal meine Schwäche… Ich musste zwischenzeitlich zwar im Laufen etwas zurückstecken, um meine Schwimmform zu verbessern, aber als sich meine Schwimmleistung stabilisiert hatte, habe ich beim Laufen weiter meine Stärke ausbauen können. Es ist aber immer noch eine Kunst, am Wettkampftag alle drei Disziplinen mit bester Performance abliefern zu können. Aber selbst wenn man die Prioritäten ein bisschen zu Gunsten einer Disziplin verschiebt, bleibt es nicht aus, in den anderen Sportarten hart zu arbeiten.
Larasch: Wie oft und wie gerne unternimmst du noch Ausflüge zu reinen Lauf-Wettkämpfen?
Rebecca: Leider sind meine Ausflüge zu reinen Laufwettkämpfen rar geworden. Meistens mache ich nur noch im Herbst/Winter ein paar Läufe mit. Aber ich habe nach wie vor Spaß dabei. Und ich verfolge ganz begeistert, was in der Läuferszene passiert, z.B bei Anna und Lisa Hahner oder bei den Sujew-Twins, fiebere ich immer mit.
Larasch: In Hamburg absolviert ihr nur die Sprintdistanz (plus die Staffel am Sonntag, bei der die Strecken noch kürzer sind). Auf welcher Distanz fühlst du dich am wohlsten? Worin liegt für dich der größte Unterschied der beiden Distanzen (bis auf die unterschiedlichen Längen)?
Rebecca: Ich liebe die Sprintdistanz – je kürzer desto besser! Es geht einfach rasend schnell, tut weh und ist spannend bis zum Schluss – das macht für mich den besonderen Reiz aus. Die Staffel ist ein Team-Wettkampf und für mich immer etwas ganz besonderes, denn ich kann dort noch einmal extra Energiereserven akquirieren, wenn ich mit anderen im Team kämpfe.
Larasch: Hast du schon neue Ziele für 2016 im Visier? Welche Rennen stehen in der zweiten Jahreshälfte im Fokus? Möchtest du dich später auch auf der Mittel- und vielleicht auch auf der Langdistanz versuchen?
Rebecca: Ich hab noch keinen richtigen Plan für den Rest der Saison aufgestellt. Ich werde noch das Bundesligarennen in Tübingen bestreiten und dann vielleicht ein paar Europacups und im Oktober vielleicht meine erste Challenge Mitteldistanz…. Aber konkrete Pläne auf einer anderen Distanz habe ich noch nicht.
Larasch: Die abschließende Frage: Triathlon boomt aktuell. Viele Freizeitsportler investieren sehr viel Zeit und Muße in diesen Sport. Worin liegt für dich die Faszination Triathlon?
Rebecca: Ich verbinde damit Leidenschaft, Natur, Freiheit, jede Menge Spaß und Freunde!
Liebe Rebecca, wir bedanken uns ganz rechtherzlich bei dir. Wir wünschen dir in dieser schwierigen Phase alles Gute. Bleib Gesund!
Beitragsbild: Tommy Zaferes