Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Konsum von ca. 160 Litern gilt Kaffee als Lieblingsgetränk der Deutschen. So ist das Getränk natürlich auch bei Ausdauersportlern sehr beliebt. Ob morgens als erster Wachmacher oder zwischendurch, gegen die Müdigkeit, als warmes (Genuss-) Getränk, wird es sehr häufig konsumiert. Nun stellt sich die Frage, ob Kaffee darüber hinaus für Ausdauersportler leistungsfördernd sein kann und ob der regelmäßige Konsum empfehlenswert ist.
Wirkung von Koffein
Im Kaffee sind unter anderem verschiedene Säuren und Antioxidantien enthalten. Der interessanteste und am meisten beachtete Inhaltsstoff ist jedoch das Koffein; schließlich ist Kaffee eine natürliche und die am meisten verbreitete Koffein-Quelle. Dieses Purinalkaloid, das den chemsich korrekten Namen 1,3,7-Trimethylxanthin trägt, ist eine pharmakologisch aktive Substanz, die die Blut-Hirn-Schranke passiert und als Stimulans gilt. Es ist das am meisten konsumierte Stimulans und hat mehrere Wirkungen in unserem Körper.
So wirkt Koffein vor allem durch die Hemmung der Adenosin-Rezeptoren, wodurch das Gefühl der Müdigkeit verdrängt wird. Die Hauptwirkung wird dabei im zentralen Nervensystem erzielt. Aufmerksamkeit und Konzentration sind erhöht, außerdem steigen die Herzfrequenz und die Kontraktionskraft des Herzens. Durch eine verbesserte Durchblutung soll die Versorgung der Muskulatur mit Sauerstoff und Nährstoffen verbessert sein. Des Weiteren werden eine Ankurbelung des Fettstoffwechsels sowie eine verbesserte Glykogen-Resynthese mit Kaffee bzw. Koffein in Verbindung gebracht.
Allerdings kann Koffein damit auch das Einschlafen verhindern, was natürlich unerwünscht sein kann. Es sollte jedoch beachtet werden, dass die Wirkung sowie die Verträglichkeit von Koffein individuell verschieden sind. Bei Gewohnheits-Kaffeetrinkern fallen die Effekte des Koffeins deutlich schwächer aus, wohingegen sehr empfindliche Personen lieber auf den Kaffeekonsum verzichten sollten.
Ein weiterer negativer Effekt von Kaffee ist bei manchen Personen Sodbrennen, also ein Reflux von Säure aus dem Magen in die Speiseröhre, was ein unangenehmes Gefühl erzeugt. Dies wird beim Kaffee vor allem durch die enthaltene Chlorogensäure hervorgerufen. Etwas Milch im Kaffee (Beitrag Milchhaltige Getränke im Ausdauersport) puffert diese Säure etwas ab und sorgt außerdem dafür, dass der Kaffee als nicht so stark empfunden wird, was insbesondere bei koffeinempfindlichen Personen von Vorteil ist. Somit ist der Kaffee auch weniger bitter; schließlich gilt Koffein in der Ernährungswissenschaft und Sensorik als Leitsubstanz für den bitteren Geschmack. Außerdem wird durch Kaffee die Darmperistaltik angeregt, was zu einem Stuhlgang führen kann. Physiologisch ist dieser Effekt durchaus als positiv zu betrachten, jedoch bedeutet dies auch, dass nicht jede Person direkt nach dem Genuss einer Tasse Kaffee laufen kann, sondern eventuell lieber eine halbe Stunde warten sollte. Eine Möglichkeit, auf eine ordentliche Koffeinmenge bei geringerer Trinkmenge zu kommen bietet der Espresso, der in 50 ml in etwa so viel Koffein liefert wie die doppelte Menge eines normalen Filterkaffees. Durch die Zubereitung der Kaffebohnen und die geringere Trinkmenge belastet ein Espresso den Magen weniger und ist bei vielen Ausdauersportlern sehr beliebt, beispielsweise als „Wachmacher“ vor einem morgendlichen Dauerlauf. Leicht harntreibend ist Kaffee auch, als entwässernd braucht er allerdings nicht bezeichnet zu werden. Wenn ein Sportler auf eine ausreichende Flüssigszufuhr in Form von Wasser, Fruchtschorlen etc. achtet, hat Kaffee keinen negativen Einfluss auf die Flüssigkeitsbilanz. Die verminderte Rückresorption in den Nierentubuli kann jedoch unter anderem zu einer vermehrten Calciumausscheidung führen; auch diesen Effekt vermag ein Milchzusatz teilweise zu kompensieren, schließlich liefert Milch relativ viel Calcium.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für Ausdauersportler und hier insbesondere für alle Frauen und auch für Männer, die sich vegetarisch ernähren, stellt der negative Einfluss von Kaffee auf die Eisenresorption dar. Somit sollte Kaffee möglichst nicht zeitnah zu eisenreichen Lebensmitteln und Eisensupplementen getrunken werden.
Bis Ende 2003 stand Koffein übrigens auf der Dopingliste der WADA, ab 12mg/l Urin galt ein Athlet als „positiv“; dies war in manchen Fällen mit ein paar Tassen Kaffee erreichbar, in Einzelfällen bereits bei einer Zufuhr von 300mg Koffein, da der Koffein-Metabolismus individuell unterschiedlich ist. Bei den meisten Menschen führte eine Zufuhr von 300 mg Koffein, wie sie ungefähr in 2 Tassen oder 400 ml Kaffee enthalten sind, jedoch nicht zu positiven Dopingproben. Es sollte in erster Linie ein Koffein-“Missbrauch“ in Tablettenform verhindert werden. Seit Januar 2004 ist Koffein von der Dopingliste gestrichen, der Konsum wird jedoch weiterhin beobachtet.
Positive Effekte im Ausdauersport
Dass Kaffee und insbesondere Koffein positive Effekte auf die Ausdauerleistungsfähigkeit haben kann, ist durch zahlreiche Studien belegt. So wurde in einer Studie von Hodgeson et al. (2013) eine signifikante Leistungssteigerung bei einem Zeitfahren auf dem Rad durch den Konsum von 5mg Koffein pro Kg Körpergewicht eine Stunde vor Belastungsbeginn beobachtet. Und zwar sowohl in Form von Kaffee als auch als Supplement eingenommen. Eine andere Studie zeigte eine Leistungssteigerung bei einem Fahrrad-Test bis zur Erschöpfung an der anaeroben Schwelle von 22,7% und einen signifikant geringeren respiratorischen Quotienten (RQ) nach einer Koffeineinnahme von 6 mg/kg KG im Vergleich zur Einnahme von Glukose (de Oliveira Cruz et al, 2015). Der niedrigere RQ bedeutet, dass mehr Fettsäuren und weniger Glukose zur Energiegewinnung oxidiert werden. Die Autoren schlussfolgern, dass die Einsparung von körpereigenen Kohlenhydratspeichern einer der physiologischen Effekte von Koffein sein kann.
Unterstützt werden diese Ergebnisse durch Bruce et al (2000), in deren Untersuchung eine signifikante Leistungssteigerung bei einem 2000m-Ruderergometer-Test nach Koffeineinnahme (6 oder 9 mg/kg KG) beobachtet wurde. Außerdem waren die freien Fettsäuren im Blut der Probanden nach der Koffein-Einnahme gegenüber dem Placebo erhöht und der RQ während der Aufwärmphase geringer. Zwischen den beiden Dosierungen, also 6 und 9mg Koffein/kg KG, bestand kein signifikanter Unterschied, was gegen eine Dosis-Wirkung-Beziehung spricht. Die Einnahme von 6mg führte zu Koffein-Konzentrationen im Urin von unter 12 mg/l, also unter dem früheren Grenzwert für einen positiven Doping-Befund, während das bei der Einnhame von 9mg nicht mehr der Fall war. Es zeigt sich hier jedoch eindeutig, dass auch vor dem Jahr 2004 mit Koffein eine legale Leistungssteigerung erreicht werden konnte. Außerdem weisen die Autoren darauf hin, dass die Wirkung von Koffein individuell unterschiedlich stark ausfällt, was eine relativ breite Streuung der Ergebnisse zeigte.
Dass keine Dosis-Wirkung-Beziehung bei der Koffeineinnahme besteht, wird von Pasman et al (1995) unterstrichen. Die Autoren ermittelten in einer Studie, dass die Ausdauerleistung bei einem Fahrradergometer-Test bis zur Erschöpfung bei 80% Wmax nach der Einnahme von 5mg/kg KG Coffein signifikant verbessert gegenüber einem Placebo war; bei höheren Dosierungen waren keine signifikanten Steigerungen zu beobachten. Graham schreibt in einem wissenschaftlichen Artikel (2001), dass bei Trainings- und Wettkampfbelastungen von 1 Minute bis 2 Stunden Dauer eine Leistungssteigerung durch Koffein zu beobachten ist, und das bei Dosierungen unterhalb der damaligen Doping-Grenze. Er postuliert, dass Koffein unter anderm ein verbessertes ionisches Milieu im aktiven Muskel kreieren könnte, was zu einer besseren Kraftentwicklung jeder einzelnen motorischen Einheit führen würde. Es zeigt sich also, dass Koffein in normalen Dosen von beispielsweise 300 mg, die problemlos über Kaffee erreicht werden können, positive Effekte auf die Ausdauerleistung haben kann, wobei wohl unterschiedliche Wirkmechanismen greifen.
Weitere Inhaltsstoffe von Kaffee
Neben dem Koffein enthält Kaffee wie bereits erwähnt Säuren, Antioxidantien und auch Aromastoffe, Letztere vor allem nach der Röstung der Kaffeebohnen. Durch die Röstung wird ebenfalls das enthaltene Niacin gut bioverfügbar. Dieses Vitamin aus dem B-Komplex (auch als Vitamin B3 bezeichnet), ist für die Energiebereitstellung im Organismus unabdingbar; in seiner biologisch aktiven Form Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid (NAD) fungiert es als Protonen-Akzeptor im Abbau der Makronährstoffe. Eine Tasse Kaffee liefert 1-2 mg Niacin und damit rund ein Zehntel des täglichen Bedarfs. Es wird angenommen, dass auch durch das enthaltene Niacin der Fettstoffwechsel nach dem Kaffeekonsum angekurbelt wird. Unter den Mineralstoffen ist vor allem das Kalium hervorzuheben; somit stellt Kaffee hier neben Obst, Gemüse und Vollkornprodukten eine weitere gute Quelle dar.
Kaffee und -spezialitäten: gezielter Einsatz für Sportler
Sehr beliebt sind neben dem reinen Kaffee bekanntlich viele Spezialitäten wie etwa Cappuccino, Milchkaffee oder Latte Macchiato. Diese enthalten mehr oder weniger viel Milch, die teilweise aufgeschäumt ist. Entweder Vollmilch oder fettarme Milch, aber auch die Varianten mit pflanzlichen Milchalternativen wie etwa Sojadrink werden häufig konsumiert. Gerne werden diese auch mit Zucker oder anderen Süßungsmitteln gesüßt. Für Läufer und andere Ausdauersportler stellt sich hierbei neben dem Genuss die Frage, wann welche Kaffeespezialität aus ernährungsphysiologischer Sicht sowie aus Bekömmlichkeits-Gründen am besten eingesetzt wird. So empfiehlt sich vor direkt einem Lauf eher ein Kaffee mit relativ wenig (oder ohne) Milch, da diese sonst zu sehr den Magen belasten würde, sowie eventuell etwas Zucker oder Honig, sodass schnell verfügbare Kohlenhydrate enthalten sind. Vor allem bei Training auf „nüchternen Magen“, also ohne Frühstück, wenn morgens trainiert wird, kann solch ein Kaffee den willkommenen Energieschub leisten und wohl auch die Aktivierung des Fettstoffwechsels begünstigen (wobei hierfür nicht zu viel Zucker zugesetzt werden sollte). Nach dem Training empfiehlt sich dann eine Kaffeespezialität mit deutlich mehr Milch, somit wird dem Körper auch vermehrt Eiweiß zugeführt. Bei reiner „Sojamilch“ und ohne Zucker würden kaum Kohlenhydrate aufgenommen, was zur Unterstützung der Mitochondrien-Neubildung empfohlen wird. Mit Kuhmilch und Zucker werden auch Kohlenhydrate aufgenommen. Der Sportler sollte nach individueller Vorliebe und Verträglichkeit entscheiden, wann er welches Getränk wählt, wobei manche ernährungs- und trainingswissenschaftliche Überlegung eine Rolle spielen kann.
Fazit
Für Ausdauersportler spricht nichts gegen den regelmäßigen Genuss von Kaffee, wenn auch nicht in zu großen Mengen. Vor allem bei entsprechender Gewöhnung an das Koffein sollten drei bis vier Tassen pro Tag unbedenklich sein und sogar positive Effekte auf die Gesundheit und Leistung haben. Neben dem Koffein liefert Kaffee schließlich weitere Inhaltsstoffe, die teilweise gesundheitsfördernde Eigenschaften aufweisen. Allerdings sollten einige Punkte beachtet werden wie die Eisenresorption und die mögliche Verhinderung des Einschlafens. Ansonsten gilt Kaffee weiterhin als guter „Wachmacher“ für den Tag.
Quellen
Hodgson AB, Randell RK, Jeukendrup AE: The Metabolic and Performance Effects of Caffeine Compared to Coffee during Endurance Exercise. PloS One 2013; 8(4): e59561.
De Oliveira Cruz RS, de Aguiar RA, Turnes T, Antonacci Guglielmo LG, Beneke R, Caputo F: Caffeine Affects Time to Exhaustion and Substrate Oxidation during Cycling at Maximal Lactate Steady State. Nutrients 2015 Jul; 7(7): 5254–5264
Bruce CR, Anderson ME, Fraser SF, Stepto NK, Klein R, Hopkins WG, Hawley JA: Enhancement of 2000-m rowing performance after caffeine ingestion. Med Sci Sports Exerc 2000 Nov;32(11):1958-63.
Pasman WJ, van Baak MA, Jeukendrup AE, de Haan A: The Effect of Different Dosages of Caffeine on Endurance Performance Time. Int J Sports Med 1995; 16(4): 225-230
TE Graham: Caffeine and exercise: metabolism, endurance and performance. Sports Med 2001;31(11):785-807
http://www.dopinginfo.de/rubriken/00_home/00_cof.html, besucht am 18.1.2017
Klasse Artikel, sehr ausführlich. Bitte mehr davon 🙂